Die Zerreißprobe für Mütter von heute
Die meisten von uns wurde über Jahrzehnte bewusst oder unbewusst eingetrichtert, dass es Männer sind, die das Geld ranschaffen und Frauen sich um Familie und alle Arbeiten rund um das Haus kümmern. Er macht das Business, während sie dafür sorgt, dass sich die Familie wohl fühlt. Man möchte meinen, dieses Bild stammt aus den 50ern, doch auch heute ist es noch in vielen Familien Usus, dass Mütter ganz selbstverständlich den Löwenanteil bei Kind, Haushalt und Familienorganisation bestreiten. Vielleicht, weil es Elternpaare von zu Hause nicht anders kennen. Vielleicht, weil es sich über die Jahre einfach so eingespielt hat. Vielleicht auch, weil sich manche Männer einfach weigern, diese Aufgaben zu übernehmen und es als "Frauensache" abtun.
Mit ihrem riesigen Berg an To dos im Rücken werden Mütter heute mit sehr widersprüchlichen Erwartungen konfrontiert. Die eine Seite ruft nach der modernen Mutter, die berufstätig sein soll, um nicht von ihrem Partner abhängig zu sein und am Ende in Altersarmut zu enden. Andererseits wird weiterhin stillschweigend erwartet, dass sie ihre traditionelle Mutterrolle voll erfüllt. Das führt zu einem Spagat, der nicht vernünftig zu bewerkstelligen ist - nicht allein. Die Frauen, die diese riesige Herausforderung mit Familie und Job annehmen, machen große Abstriche bei sich selbst und brechen meist irgendwann unter der immensen Verantwortungs- und Zuständigkeitslast zusammen. Andere Mütter machen stattdessen deutliche Abstriche bei ihrem Job (Stichwort Teilzeit) und damit auch bei ihrer späteren Rente.
Familie geht alle an
Für ein Kind haben sich zwei Menschen entschieden und entsprechend tragen auch beide die Verantwortung dafür. Das Ziel sollte sein, die Aufgaben in einer Familie auf die Schultern beider Eltern zu verteilen, um Mütter zu entlasten und ihnen die Chance zu geben, sich auch um ihr eigenes Leben zu kümmern. Zeit für sich zu haben. Einem Job nachzugehen, der später auch genügend Rente für sie abwirft. Genauso, wie es der Vater auch kann.
Was sich in der Theorie so schön anhört, ist in der Praxis oftmals richtig schwer. Wäre es leicht, würde es ja jeder machen. Dennoch ist es wichtig, dass wir Mütter uns auf den Weg machen - für uns, aber auch für unsere Kinder. Wenn wir dieses Ungleichgewicht weiterhin hinnehmen, wird sich auch nichts ändern. Es gibt bereits Familien, in denen Elternschaft gleichberechtigt gelebt wird. Das ist toll und eine Entwicklung, die hoffnungsvoll stimmt. Noch sind sie die Minderheit und ich wünsche mir, dass die Zahl immer weiter wächst.
Ideen für ein gleichberechtigtes Miteinander
Deshalb habe ich Mütter in sozialen Netzwerken gefragt: Wie kann gleichberechtigte Elternschaft gelingen, in der sich beide um Familienaufgaben wie Kinderbetreuung, Haushalt und Familienorganisation kümmern? Wie kann die Zukunft der Familie aussehen, in der sich beide Elternteile gleichberechtigt, wertschätzend und auf Augenhöhe begegnen? Wie können wir zu der Generation werden, die ihren Kindern echte Gleichberechtigung vorlebt und weitergibt? Ich habe hunderte Antworten bekommen. Diese reichen von Forderungen an die Politik und Arbeitgeber bis zu ganz konkreten Ideen für die eigenen vier Wände. Diese möchte ich nachfolgend ohne Wertung vorstellen.
Es sind Modelle, die für die Eine funktionieren - für die Andere vielleicht nicht. Der Einen werden einige Vorschläge nicht weit genug gehen, zu zaghaft oder selbstverständlich erscheinen – für die Andere sind es Meilensteine auf ihrem Weg zu mehr Gleichberechtigung in der Elternschaft. Ebenso gibt es Familien, in denen sich beide ganz bewusst für die klassische Rollenverteilung entschieden haben. Dagegen ist überhaupt nicht einzuwenden, solange beide happy damit sind – und er finanziell für sie vorsorgt, damit sie im Worst Case nicht mit leeren Händen dasteht. Jede Mutter startet an einem anderen Punkt und ich bitte deshalb um Toleranz für jeden Weg. Du solltest für dich selbst herausfinden, was praktikabel für dein Leben ist. Was dir gefällt, nimm mit. Was nicht, lass liegen. Schön ist in jedem Fall, dass du diesem Thema mehr Aufmerksamkeit schenkst – und sei es nur, dass du zunächst intensiver darüber nachdenkst und euer Verhalten im Alltag genauer beobachtest.
Ich wünsche mir, dass diese Ideenliste ein Anstoß zum Nachdenken für dich ist und den ein oder anderen Stein ins Rollen bringt.
Inhalt
Verantwortung für dein Leben übernehmen
Verantwortung für Aufgaben teilen
Das Gespräch suchen
Ansagen machen und Bitten äußern
Dranbleiben
Streiken
Beziehung hinterfragen
Ideen für die Politik
Ideen für den Arbeitgeber
Das kannst du tun
(wie Erziehung, Förderung, Spielen, ins Bett bringen, füttern, wickeln, Zähne putzen, baden, Brotbüchse vorbereiten, nachts aufstehen, wenn Kind was braucht, Fahrdienste, Pflege bei Krankheit etc.)
Ideen für die Politik
Das kannst du tun
Gleichberechtigungs-Gedanken an die eigenen Kinder weitergeben
(wie Wochenplan für Essen, Einkauf, Kochen/Essen machen zum Frühstück/ Mittag / Abend, Saugen, Böden wischen, Staubwischen, Wäsche waschen/ aufhängen/ zusammenlegen / einräumen, Aufräumen, Bad putzen, Küche putzen, Geschirrspüler einräumen/ ausräumen, Garten, Auto, Müll rausbringen, Altpapier und Glasmüll wegschaffen, Bügeln, Betten ab- und neu beziehen, Blumen gießen, Spiegel putzen, Fenster putzen, Garten, Auto, Gassi gehen, Reparieren, Nähen etc.)
(wie Rechnungen, Ablage, Kleidung Termine, Geschenke, Urlaub)
Diese Liste wird ständig erweitert.
Wenn du Ideen hast, die hier unbedingt noch rein müssen, schreib mir sehr, sehr gerne über das unten stehende Kontaktformular.
Einige Ideen sind bereits von Doppelresidenz(Punkt)org und vom VBM (Verband berufstätiger Mütter) zusammengetragen